Es ist nicht überraschend, dass Gründach-Systeme als Gestaltungsmittel vieler zukunftsorientierter Architekten immer beliebter werden. Sie halten Gebäude im Sommer kühl und im Winter warm. Auch wenn es darum geht, den städtischen Wärmeinseleffekt zu verringern, kommen die Vorteile eines Gründach-Systems zur Geltung. Durch sie wird verhindert, dass herkömmliche, schwarze Dächer in Städten überhitzen und Wärme in die Umgebung abstrahlen. Außerdem dienen begrünte Dächer als künstliche Lebensräume für verschiedene Kleintiere und Insekten. Viele Länder und Kommunen haben sie daher inzwischen zur Pflicht gemacht oder gewähren finanzielle Unterstützung, um die Dachbegrünung bei allen Neubauten zu fördern. (1)
Um zu verstehen, warum Gründach-Systeme als integraler Bestandteil der zeitgenössischen Architektur immer mehr an Bedeutung gewinnen, müssen wir uns zunächst mit dem Innenleben von Gründächern befassen.
Was gilt als begrüntes oder lebendiges Dach?
Um zu definieren, was unter einem lebendigen Dach zu verstehen ist, müssen wir uns die Merkmale und die Nutzungsabsichten genauer ansehen. Vereinfacht ausgedrückt ist ein begrüntes oder lebendiges Dach eine Dachfläche, die teilweise oder vollständig mit einer Vegetationsschicht und einem Wachstumsmedium bedeckt ist, die über einer Abdichtungsschicht liegt. Zusätzliche Schichten können Wurzelschutzfolien sowie Entwässerungs- und Bewässerungssysteme sein. Diese Definition schließt in der Regel keine Kleingärten auf Dächern ein, bei denen die Pflanzen in Töpfen oder Hochbeeten wachsen, da die Vegetationsschicht in diesem Fall nicht wirklich ein integraler Bestandteil der Dachkonstruktion ist. (2)
Die Geschichte der lebendigen Dächer in der Architektur
Wenn es um die Geschichte der lebendigen Dächer geht, denken die meisten Menschen zuerst an die hängenden Gärten von Babylon. Diese enthalten zwar grüne Elemente, können aber nicht wirklich als Vorläufer des echten lebendigen Daches angesehen werden. Der eigentliche Ursprung der lebendigen Dächer liegt in den Rasendächern – einer jahrtausendealten Baupraxis, insbesondere in kälteren Klimazonen.
In prähistorischen Zeiten wurden Rasendächer zunächst für einfache, hügelartige Behausungen genutzt, die natürlichen Höhlen nachempfunden waren. Später wurden sie jahrhundertelang von den Wikingern in ganz Skandinavien und darüber hinaus verwendet, um die kalten Winter und die manchmal sehr heißen Sommer zu mildern. Vom Mittelalter bis ins späte 19. Jahrhundert waren sie weit verbreitet. (2)
Einer der wichtigsten Verfechter der Gründachbewegung in der modernen Architektur ist der Vater „der Moderne“ selbst – der schweizerisch-französische Architekt Le Corbusier. Forscher der Universität Salerno erläutern: Der Dachgarten ist nicht nur einer der berühmten fünf Punkte einer neuen Architektur, dem sehr einflussreichen theoretischen Werk von Le Corbusier, sondern auch ein völlig neues und grundlegendes räumliches Thema, das die Beziehung zwischen Architektur und Natur erforscht. (3)
Fotos: Le Corbusier La Tourette monastery © foto von Montese Zamorano 01, 02
Was motiviert Architekten zum Einsatz begrünter Dächer?
Begrünte Dächer bieten ästhetische Vorteile, doch für Architekten zählen bei der Gestaltung von Gebäuden heutzutage noch viele weitere wichtige Parameter. Zeitgemäße Architektur muss wirtschaftlich, gesundheitsförderlich, ökologisch verträglich und hoch funktional sein – und gleichzeitig ein gutes Umfeld für soziale Interaktion und persönliches Wohlbefinden für all ihre Nutzer bieten.
Der in Malaysia ansässige Öko-Architekt Ken Yeang von Hamzah & Yeang setzt sich seit Jahrzehnten für die Integration der Ökologie in die Architektur ein und wurde von „The Guardian“ zu einem der 50 Menschen gekürt, die den Planeten retten könnten. Er engagiert sich für lebendige Architekturpraktiken, um unsere bebaute Umwelt in vom Menschen geschaffene Ökosysteme umzugestalten, die sich nahtlos in die bio-geo-chemischen Kreisläufe des Planeten einfügen. (4)
Yeang geht in der Praxis so vor, dass er seine Kunden bittet, 10 bis 15 Prozent mehr als die branchenüblichen Baukosten für einen Gebäudetyp einzuplanen, um das Gebäude umweltfreundlich zu gestalten. Jedoch betont er, dass potenzielle Energie- und Wassereinsparungen die anfänglichen Mehrkosten nach nur fünf bis acht Jahren ausgleichen. Nach Ablauf dieses Zeitraums sparen seine Gebäude weiterhin Geld und Ressourcen. Für Architekten und ihre Bauherren macht grünes Bauen die Architektur auf lange Sicht sowohl wirtschaftlicher als auch umweltfreundlicher. (4)
Fotos: TR Hamzah & Yeang_Solaris Tower © foto von Albert Lim 01, 02
Architekten sind stets darum bemüht, das Wohlbefinden der Menschen zu steigern, die in den von ihnen entworfenen Räumen leben. So können beispielsweise begrünte Dächer in Gesundheitseinrichtungen das Wohlbefinden der Patienten erheblich erhöhen – sie werden als "heilende Gärten" bezeichnet, verbessern nachweislich die Genesung der Patienten und wirken sich positiv auf die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter aus. Zudem sind Zimmer mit Blick auf begrünte Dächer sehr begehrt. (5)
Das bewachsene Dach des Mercy-West-Krankenhauses ist ein hervorragendes Beispiel für die Umsetzung eines Gründachs zur Unterstützung einer „Gartentherapie“. Es wurde vom Landschaftsarchitekten Meisner Associates aus Cincinnati in Zusammenarbeit mit dem leitenden Architekten AECOM aus Minneapolis entworfen. Das Gründach-System umfasst über 65.000 Pflanzen verschiedener heimischer Arten. Es ist größtenteils halbintensiv und ahmt die hügeligen Prärien von Ohio nach. Und es verfügt über eine Therapieterrasse für die Rehabilitation, auf der die Patienten das Gehen auf verschiedenen Untergründen üben, um ihr Gleichgewicht zu verbessern. (5)
Heimische oder eingewanderte Pflanzen – eine hitzige Diskussion
Wenn es um die Gestaltung eines Gründachs geht, ist die Frage, welche Pflanzen für die Vegetationsschicht verwendet werden sollen, nicht so einfach zu beantworten, wie man es vielleicht erwarten würde.
Wie von Forschern der Fakultät für Biologie der Tufts University erläutert, hält die Annahme, dass heimische Pflanzen grundsätzlich besser für ein Gründach geeignet sind, einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht immer stand. Sie ignoriert die Tatsache, dass bodennahe Pflanzen auf dem Dach grundsätzlich eine andere Umgebung als auf dem Boden haben. Das Dach weist andere Windbedingungen und Temperaturen auf, zieht andere Tierarten an usw. Dieses Argument wird vor allem gerne von Ingenieuren genutzt.
Viele Architekten, Landschaftsarchitekten und Biologen argumentieren jedoch nach wie vor, dass heimische Arten einen größeren Nutzen für die Umwelt haben und ästhetisch ansprechender sind als eingewanderte Pflanzen. (6)
Warum werden Gründächer nicht überall eingesetzt?
Obwohl es für nahezu jedes Gebiet und jede Klimazone das passende Gründach-System gibt und dies nicht nur positive Auswirkungen auf die Umwelt, sondern auch auf das menschliche Wohlbefinden hat, bleiben Bauherren skeptisch, wenn sie mit der Idee eines Gründachs für ihr Gebäude konfrontiert werden. Oft ist dieses Zögern auf einen Mangel an Informationen oder guter Beratung über die beste Gründach-Lösung für den jeweiligen Standort und die individuellen Anforderungen zurückzuführen.
Aus diesem Grund laden wir Architekten und Stadtplaner dazu ein, sich über die spannende grüne Infrastruktur fortzubilden. Ausführliche Informationen über die Urbanscape® Green Roofs Produktlinie und ihre Vorteile finden Sie auf unserer Website, die Sie über den Link https://www.urbanscape-architecture.com/solutions/ aufrufen können – oder in unserem Urban Smart Magazine, welches Sie hier herunterladen können: https://www.urbanscape-architecture.com/solutions/
Alle unsere Urbanscape® CAD-Details, Zeichnungen und Bewertungstools können auch hier angefordert werden:
https://www.urbanscape-architecture.com/tools-documents/
Beispiele für bewährte Praktiken der Dachbegrünung in der Architektur
(1) Renzo Piano: California Academy of Sciences (fotos von Tim Griffith)
(2) Studio Marco Vermeulen: Biesbosch Museum Island (fotos von Ronald Tilleman)
(3) f451 Arquitectura: Senior Citizen Community Center (fotos von Jose Hevia)
(4) BIG: 8 House in Copenhagen (fotos von Julien Lanoo)
(5) Rural Design Architects: Turf House (fotos von Nigel Rigden)
(6) Feldman Architecture: Mill Valley Cabins (foto von Joe Fletcher)
Blog author: Ana Belčič, M. Arch. - Studio MIAO
Source (1): Lloyd Alter: Green Roofs Are Changing the Way Architects Design Buildings https://inhabitat.com/green-roofs-are-changing-the-way-architects-design-buildings/?variation=b
Source (2): https://en.wikipedia.org/wiki/Green_roof
Source (3): A. Como, I. Forni, L. Smeragliuolo Perrotta - Le Corbusier Roof Spaces - University of Salerno, Italy
Source (4): Living Architecture Monitor – Volume 20, Issue 4, Winter 2018, page 8 http://www.nxtbook.com/dawson/greenroofs/lam_2018winter/index.php#/6
Source (5): Living Architecture Monitor – Volume 20, Issue 4, Winter 2018, page 21 http://www.nxtbook.com/dawson/greenroofs/lam_2018winter/index.php#/6
Source (6): Colleen Butler, Erin Butler, Colin M. Orians - Native plant enthusiasm reaches new heights: Perceptions, evidence, and the future of green roofs - Tufts University, Department of Biology, USA