Die wachsende Stadtbevölkerung stellt die Städte vor noch nie dagewesene Herausforderungen. Die Städte werden zu dicht besiedelten Systemen mit versiegelten Oberflächen, die täglich mit sozialen, energetischen, logistischen, abfallwirtschaftlichen, verkehrstechnischen und ökologischen Herausforderungen konfrontiert sind. Daher sollten Städte ihre Schwammfunktion pflegen. Bei diesem Konzept geht es um die Planung blauer (auf Wasserspeicherung beruhender), grüner (auf Vegetation beruhender) und grauer (auf intelligenten Gebäuden beruhender) Infrastrukturen, die in der Lage sind, bei schweren Unwettern das abfließende Wasser zu speichern und wiederzuverwenden, um Überschwemmungen zu verringern. Die Städte gehen dieses Problem mit unterschiedlichen Ansätzen und Erfolgsquoten an. Maßnahmen müssen sowohl auf städtischer als auch auf regionaler und nationaler Ebene ergriffen werden.
Bild 1: Das Urbanscape®-Gründach auf dem Karolinska-Krankenhaus in Schweden.
Jede Stadt steht vor eigenen Herausforderungen – eine Zauberformel zur sofortigen Problemlösung gibt es nicht
Schauen wir uns den Fall Berlin in Deutschland genauer an: die Stadt Berlin mit derzeit mehr als 3,5 Millionen Einwohnern. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUB) hat schon vor Jahren die Bedeutung von Dach- und Fassadenbegrünung für die Gesundheit der Stadtbevölkerung in seinen Programmen hervorgehoben und mehrere Initiativen auf Stadtebene gestartet. Das Hofbegrünungsprogramm lief von 1983 bis Ende 1995. In diesem Zeitraum wurden 1.643 Projekte genehmigt, 740.000 m² Hof- und Fassadenflächen und 65.000 m² Dachflächen begrünt. Bereits 1990 wurden in den Richtlinien für die öffentliche Förderung des sozialen Wohnungsbaus ökologische Anforderungen definiert, die die Berücksichtigung von Ressourcenschonung und Umweltverträglichkeit bei Bauvorhaben vorschreiben. Förderfähig waren Begrünungskonzepte zur Fassaden- und Dachbegrünung sowie besondere ökologische Freiraumkonzepte und deren Umsetzung. Seit 2019 fördert das Förderprogramm „GründachPLUS“, (ehemals „1.000 Gründächer“) die Begrünung (> 100 m²) von Bestandsgebäuden, insbesondere in Stadtvierteln mit hoher Bebauungsdichte. Da es derzeit keine gesetzliche Verpflichtung zu Gründächern an bestehenden Gebäuden gibt, ist die öffentliche Finanzierung hier eine sehr wichtige Maßnahme (Umweltatlas Berlin, 2020). Dieser Fall zeigt, dass ein systematischer Ansatz erforderlich ist, der Jahrzehnte dauert – aber denken Sie daran, Rom wurde auch nicht an einem Tag gebaut!
Bild 2: Gründächer in einem Wohngebiet (https://worldgreeninfrastructurenetwork.org/eu-parliament-green-roof-climate-change/)
Im Laufe der Jahrzehnte sind die Berliner Gründächer auch wissenschaftlich erforscht worden. Es gibt einen interessanten aktuellen Artikel von Koehler (2023), der die Entwicklung von Gründächern aus einer zeitlichen Perspektive beschreibt. Der Autor stellt fest: „Wenn wir auf die Entwicklung der Gründächer zurückblicken, sehen wir einen Wandel von einer einfachen und ökologischen Funktion zu einer Mehrzwecklösung mit mehreren Vorteilen“.
Potsdamer Platz, Berlin: ein Stadtteil mit wassersensibler Stadtentwicklung
Der Potsdamer Platz ist ein historischer Platz, der seit dem Fall der Berliner Mauer wiederbelebt wurde. Auf dem 1,3 Hektar großen Areal treffen sternförmig die fünf meistbefahrenen Straßen der Stadt aufeinander. Er umfasst 19 Gebäude, 10 Straßen, 2 Parkhäuser und 3 Tiefgaragen. Die wassersensible Stadtentwicklung, in den Gebäuden integrierte Wasser-Recycling-Systeme und die industrielle Aufbereitung sind zu einem Symbol für die Gestaltung „blauer und grüner“ städtischer Wasserlandschaften geworden, die Regenwasser dort nutzen, wo es fällt. Dazu gehören auch die Gründächer des Potsdamer Platzes mit einer Fläche von 30.000 m2.
Der Potsdamer Platz verfügt über Regenrückhaltesysteme, die so konzipiert sind, dass die Belastung der bestehenden Wasserinfrastruktur Berlins, einschließlich der vielen Gründächer, minimiert wird. Das System für Regenwasserbewirtschaftung, -nutzung und -rückgewinnung wird durch die Regenwassermenge von 533 mm, die jährlich pro Quadratmeter in der Stadt anfällt, versorgt. Die Gründächer halten das Wasser zurück und geben es dann an das große Überlaufbecken vor Ort ab, das über fünf unterirdische Lagertanks verfügt. Zisternen versorgen den drei Hektar großen künstlichen Piano-See mit Wasser, und etwa 4 Millionen Liter Wasser werden alle drei Tage durch Filterbeete geleitet, in denen die bepflanzten Biotope das Wasser filtern und zirkulieren. Das überschüssige Überlaufwasser wird als Grauwasser für Toilettenspülung, Bewässerung und Feuerlöschsysteme verwendet. Das gereinigte Wasser fließt auf einen schön gestalteten großen Platz, wo es die Besucher genießen können. Insgesamt verwaltet der Potsdamer Platz schätzungsweise 23.000 m3 Trinkwasser pro Jahr, verfügt über ein kombiniertes Regenrückhaltebecken von 13.500 m3 und senkt durch seine Kühlkapazität die Sommertemperaturen um etwa 2 Grad Celsius, was zu Energieeinsparungen führt (Greenroofs.com, 2024).
Bild 3: Regenwasserbewirtschaftung am Potsdamer Platz: @Atelier Dreiseitl/Ramboll.
Regenwasserproblematik mit Gründächern in den Griff bekommen
Gründächer sind ein wirksames architektonisches Instrument zur Bewältigung von Regenwasser, da sie eine hohe Wasserspeicherkapazität bieten und die Drainagefunktion dazu beiträgt, den Abfluss zu reduzieren und zu verlangsamen.
In Deutschland sind die Vorschriften für Gründächer in den FLL-Richtlinien beschrieben. In diesen Richtlinien sind die Anforderungen an die Planung von Gründächern aufgeführt und es werden Messwerte für die Entwässerung festgelegt.
Einer dieser Messwerte ist der Abflussbeiwert C. Der Abflussbeiwert C ist ein Messwert für die Abflussverzögerung. Der dimensionslose Indikator ist das Verhältnis zwischen dem tatsächlichen Abfluss in das Entwässerungssystem und dem Niederschlag an diesem Ort. Wenn Regenwasser aufgrund der Oberflächenbeschaffenheit des Daches versickern oder verdunsten kann, ist der Abflussbeiwert kleiner als 1,0. Die Norm DIN EN 12056 gibt den Abflussbeiwert C zunächst für alle Dachflächen mit diesem Wert an.
Für Gründächer und Kiesdächer gelten je nach Dachaufbau reduzierte Abflussbeiwerte aus der Norm DIN 1986-100 und der FLL-Richtlinie (FLL-Dachbegrünungsrichtlinien 2018, Werte bei Dachneigung bis zu 5°), die wie folgt lauten:
Knauf Insulation Urbanscape® ist stets bemüht, die Anforderungen zu übertreffen. Unsere neuen Detentions-Gründächer C (https://info.urbanscape-architecture.com/hubfs/Documents%20-%20ENGLISH/Urbanscape-Detention-GR-EN_012024.pdf) zeigen eine hohe Leistung: Sie weisen einen reduzierten Abflussbeiwert C auf, trotz ihrer geringen Höhe.
Gründach-System |
Gründach-Schichten |
Höhe |
Wasserspeicherkapazität L/m² |
Gewicht, gesättigt kg/m² |
Abflussbeiwert C |
Laut FLL gleicher Wert wie ... |
Detention C Q25-C |
Sedum-Mix-Vegetationsmatten Green-Roll-Wachstumsmatte 40 mm Drainage Q25-C |
8,5 |
Bis zu 52 |
Bis zu 72,8 |
0,44 |
10–15 cm |
|
Sedum-Stecklinge Substrate 80mm Drainage Q25-C |
10,5 |
Bis zu 43 |
Bis zu 110 |
0,24 |
25 |
Detention C Q40-C |
Sedum-Mix-Vegetationsmatten Green-Roll-Wachstumsmatte 40 mm Drainage Q40-C |
10 |
Bis zu 60 |
Bis zu 81,6 |
0,11 |
50 cm |
Detention C Q40-C + Substrate |
Sedum-Mix-Vegetationsmatten Substrate 40mm Green-Roll-Wachstumsmatte 40 mm Drainage Q40-C |
14 |
70 |
Bis zu 140 |
0,05 |
Über 50 cm |
Detention C Q60-C |
Sedum-Mix-Vegetationsmatten Green-Roll-Wachstumsmatte 40 mm Drainage Q60-C |
12 |
Bis zu 76 |
Bis zu 97,6 |
folgt |
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Jede Stadt, jedes Projekt ist auch mit eigenen Herausforderungen und Anforderungen an die Regenwasserbewirtschaftung konfrontiert. Bei gewissen Projekten muss eine bestimmte Abflussverzögerungszeit eingehalten werden, und in solchen Fällen müssen projektspezifische Berechnungen durchgeführt werden. Projektspezifische Abflussberechnungen sind mit unserem Berechnungstool proPET möglich. Für weitere Informationen freuen wir uns über eine Kontaktaufnahme per E-Mail (urbanscape@knaufinsulation.com ).
Literaturverzeichnis:
Environmental Atlas Berlin, 2020. Green roofs 2020. https://www.berlin.de/umweltatlas/en/land-use/green-roofs/2020/introduction/
FLL-Dachbegrünungsrichtlinien 2018. Werten bei Dachneigung bis zu 5°
Greenroofs.com, 2024. Potsdamer Platz. https://www.greenroofs.com/projects/potsdamer-platz/
Koehler, M., 2023. Extensive green roof study on a retrofit building in Berlin, Germany: Report after 34 years of monitoring. Journal of Living Architecture. Volume 10, Number 1, Pages 1-12.